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Oldtimer in Georgien

Die Perle im Kaukasus

Giorgi Janelidze. Tbilisi, den 29.06.2019

Im Moment wird viel über Georgien berichtet. Der Tourismus nimmt zu, atemberaubende Landschaften, Wein, Kultur, aber was ist mit Oldtimern in Georgien? Gibt es welche? Wenn ja welche. Wir haben unseren Freund Giorigi auf die Suche geschickt. Hier ist sein erster Bericht. Weitere werden folgen.

Kaukasus – Foto Pixabay

Georgien – eine Perle im Südkaukasus. Ein Land mit einer uralten Geschichte und Kultur, die bereits seit dem 4. Jahrhundert vom Christentum geprägt ist.  Georgien zählt als Wiege des Weinanbaus. Darauf deuten zumindest unter anderem mehrere Artefakte, die im Rahmen der zahlreichen archäologischen Expeditionen entdeckt wurden. Denselben Expeditionen zufolge, stammen die ersten Europäer aus dieser Gegend. Aber Oldtimer in Georgien? Das nach Europa strebende Land wurde mehrmals gehindert, sich als ein demokratischer, friedlicher Staat weiter zu entwickeln. Zuletzt war es 1921, als die Sowjetarmee nach erschöpfende Kämpfen, Tbilissi und bald, die ganze Region besetzt hat. Erst nach der Wende, wurde den Georgiern ermöglicht, sich wieder unabhängig von den Besatzern, weiter zu entwickeln. Es gab mehrere Höhen und Tiefe, wie bei anderen Länder auch. Nachdem rund 20% des Staatsgebietes von Russland okkupiert ist, werden nach Anordnung von Russlands Staatschef alle Direktfluglinien der Russischen Fluggesellschaften nach und von Georgien ab 8. Juli vorläufig gestoppt. Das wird sicherlich der georgischen Wirtschaft schaden, da das Land jährlich von mehr als 1 Million russischen Touristen besucht wird. Aber selbst diese Schock-Therapie wird die Georgier stärken. Das haben sie bereits mehrmals bewiesen. Abgesehen von den oben genannten Gründen, so wird dieser Beitrag den im Facebook aufgerufenen Kampagne “Spend your summer in Georgia” gewidmet.

Tiblissi – Foto Pixabay

Das am Schwarzen Meer liegende Land ist bei Besuchern wegen seiner vielen natürlichen Attraktionen sehr beliebt. Manche mögen das Baden im Meer, die Anderen bevorzugen das Wandern auf der Gebirgskomplex am Kaukasus. Das Alles ist nur in ca.  4-5 Autostunden vom Hauptstadt Tbilissi zu erleben. Die georgische Gastfreundschaft, die Küche, die Natur und die Polyphonische Gesangskultur sind die wichtige Bestandteile der georgischen Identität. Vieles davon sind mittlerweile als Weltkulturerbe eingestuft. Durch seine natürliche Vielfältigkeit, hat Georgien mehrere touristische Sehenswürdigkeiten zu bieten. Man kann im Schwarzen Meer baden und am selben Tag in ca. 100-200 km entfernten Skigebieten mit neuster Infrastruktur nach westlichen Standards, Ski fahren.

Oldtimertourismus

In der letzten Zeit ist auch der. “Oldtimertourismus” hinzugekommen. Es gibt bereits einige georgische Firmen, die “Oldtimer” ankaufen und an Touristen vermieten. Sie veranstalten auch die Rundfahrten und Touren für Oldtimer-Liebhaber. Die berühmte britische Autorennfahrerin, Zoë Whittaker hat im Jahr 2018 eine Reise nach Georgien gemacht, um für das touristische Potenzial des Landes zu werben. Die britischen Fahrer sind jedoch ohne ihre Autos nach Georgien gekommen, um sich ein Bild von den Gegebenheiten zu machen und eine Einschätzung hinsichtlich der Eignung für den Oldtimer Tourismus vorzunehmen.

Als sie aber kurz nach der Ankunft überzeugt waren, dass das Land sicher auch für teure Oldtimer ist, haben Sie von einheimischen Vermietern einige Oldtimer gemietet und haben sich auf eine Rundreise durch Georgien gemacht.

Oldtimerreisen und Weinliebhaber

Merab Goujabidze, Mitgründer des Oldtimer-Klubs “Retro” sagte uns dazu: ”Sie (Zoë Whittaker) hat entschieden in ganz Großbritannien die Oldtimerfans zu finden, die in irgendeine Art mit Weinindustrie verbunden sind und Lust hätten eine Reise durch Georgien, als uraltes Weinland, anzutreten. Es wurde bereits eine Oldtimerrally veranstaltet und die Stimmung war fantastisch. Für den kommenden September wird bereits die nächste Rally organisiert. Die einwöchige Reise wird in Batumi, an der Schwarzmeerküste beginnen und in Baku beendet. In Baku schließen sich die aserbaidschanischen Teilnehmer dem Korso an. Im Rahmen der s.g. Oldtimerwoche werden Autoausstellungen und verschiedene Events veranstaltet. Dabei handelt es sich nicht um eine Rally im klassischen Sinne. Die Hauptsache ist, dass bei der Veranstaltung mehrere Autos aus verschiedenen Baujahren und Ausführungen teilnehmen. Manche fahren mit 100 km/h, einige mit 60 km/h und manche vielleicht sogar nur mit 40 Km/h. Aber wir warten aufeinander, auch wenn es Stunden dauern kann, damit wir alle als ein Korso zusammen fahren können und nicht getrennt. So macht es mehr Spaß für die Fahrer und für die Schaulustigen”.

Der Oldtimerclub „Retro“

Alles hat schon vor der Wende, in den späten 80er Jahren des 20. Jahrhunderts angefangen, als im Jahr 1988, ein junger Geograph Giorgi Didebashvili und sein Kumpel, der Architekt Merab Goujabidze entschlossen haben, ihre Liebe und Träume zu alten Autos zu verwirklichen. Sie haben einen kleinen Oldtimer-Klub “Retro” gegründet und ihre Freunde und Bekannten mit derselben Leidenschaft einbezogen.

Danach kam die Wende, die UdSSR ist zerfallen und die ehemalige Mitgliedstaaten haben gerade erst angefangen, nach dem wirtschaftlichen und geopolitischen Kollaps als unabhängige Länder wieder aufzustehen. Es kam Armut, Bürgerkrieg und niemand konnte sich den Luxus leisten einen Oldtimer zu besitzen. Viele, die Oldtimer besaßen, haben ihn ins Ausland verkauft um das tägliche Brot zu haben. Daher konnte sich der Klub “Retro” nicht weiter entwickeln. Jetzt wurde der Club erneut registriert.

Die Militärwagen sind ein wichtiger Bestandteil unsere gemeinsamen Autoparks

Giorgi Didebashvili, Präsident und Gründer des Klubs: “Unser Klub besteht aus mehreren Marken, von sowjetischen Fahrzeugen bis zu amerikanischen Jeeps Willy. Die Militärwägen sind einer der wichtigsten Bestandteile unseres gemeinsamen Autoparks.

Der Klub besteht aus Mitgliedern der verschiedensten Berufe, wir haben einen Arzt, einen Lehrer, einen Architekten, auch einen Geographen und keiner von uns ist ein Autoingenieur. Wir treffen uns bei den nationale Feierlichkeiten mit unseren Autos, wie z.B. Tag der Unabhängigkeit am 26. Mai, “Tbilisoba”-den Stadtfest oder am 9. Mai, Tag des Sieges im 2. Weltkrieg. Letztes Jahr haben wir einen Korso veranstaltet, aber wir sind alle berufstätig und ein solches Ereignis benötigt immer einige Tage Vorbereitung. Soviel Zeit ist oft schwer zu Verfügung zu stellen. Ich besitze drei Oldtimer Fahrzeuge. Alle sind sowjetischer Herkunft: Gaz 69 (1972), Gaz 22 (1962) und Moskvich Cabrio 401 (1957). Früher war es viel einfacher und günstiger, die Ersatzteile zu kaufen, aber jetzt ist alles 10-mal so teuer geworden.  Ich habe drei Freunde, die die Ersatzteile für die Restaurierung ihres Autos aus der USA bestellen und es ist eine sehr kostspielige Sache. Wir restaurieren unsere Autos selbst, wir haben drei professionelle Restauratoren im Klub”.

Platzprobleme auch in Georgien

Giorgi Didebashvili arbeitet bei einem Verkehrsbetrieb als Abteilungsleiter. Er parkt aller drei Oldtimer in der Garage seiner Arbeitsstelle, da er in einem Hoch- bzw. Mehrfamilienhaus wohnt. Für insgesamt 5 Autos wird er dort nicht genug Platz finden. Er wartet und pflegt seine Oldtimer hauptsächlich sonntags in der Sommerzeit. Für den Alltagseinsatz sind diese Autos nicht geeignet. Aber wenn er am Wochenende dait in die Berge fährt und die Fahrt durch das Land zu genießt, ist es für ihn die reine Exotik, meint der “Retro”-Chef. Er kann sich gut vorstellen, dass der Oldtimertourismus in Georgien eine sehr gute Entwicklungschance hat. Zumal da es schon Leute gibt, die sich mit voller Leidenschaft mit diesem Business beschäftigen.

Der Architekt Merab Goujabidze ist Professor an der TU Tbilisi. Er ist Mitgründer und der Vize-Präsident des “Retro” und gleichzeitig leitet er die Militär-Abteilung des Klubs. Merab hat eine weitere Leidenschaft – die Schusswaffen. Er hat seinen Jeep Willy 24 Jahre lang neu aufgebaut. Alles, bis auf das kleinste Ersatzteil sind Originalteile aus dem Baujahr 1942. Er nennt sein Auto und seine 1942 gebaute Harley-Davidson WLA, „Spielzeuge für Erwachsene“. In seiner ca. 200 Quadratmeter großen Werkstatt, hat er 2 übergroße Modelle von Jeep Willy, besetzt mit amerikanische GI’s und britischen SAS-Puppen. Er selbst sagt, dass er über 500 verschiedene Versionen von Willis-Modellen hat. Er wartet auf die Fertigstellung seines neuen Hauses, um alles dort auszustellen.

Der Jeep Willy hatte es ihm schon als Kind angetan

Merab war noch ein Kind, in der 5. Klasse, als er zum ersten Mal den Jeep Willys kennen und lieben gelernt hat. Das Fahrzeug war im Besitz eines Bekannten seines Vaters. Einige Jahre später hat er sich auf den Fahrersitz gesetzt. Von da an begann er davon zu träumen einmal einen Jeep Willys zu besitzen. Er hat das Fahrzeug dann viele Jahre später seinem Kumpel abgekauft und seitdem baute er das Auto mit Original-Teilen 24 Jahrelang wieder auf. Merab ist einmal sogar in das ukrainische Lviv geflogen, um dort die Original-Schrauben für sein “Spielzeug” zu bekommen. Mit zwei vollen Taschen seiner Jacke kam er zurück. Nachdem er die Karosserie von einem bekannten Architekt / Restaurator, Soso Bandzeladze für 1000US$ gekauft hatte, fing er an nach Originalteilen zu suchen. Ein Lenkrad hat er zufällig an einem auf der Straße parkenden Auto gesehen. Aber der Inhaber weigerte sich es zu verkaufen. Als sie sich zufällig 6-7 Jahre später wieder trafen war das Lenkrad ausgetauscht. Der Grund dafür war, dass der Fahrer so zugenommen hatte, dass sein Bierbauch nicht mehr zwischen das Lenkrad und den Fahrersitz passte. Da Willys ein Militärfahrzeug ist, man kann die Sitze nicht verstellen. Daher hat der Fahrer es einfach in einem Teich geworfen. Merab hat 2-3 Wochen gebraucht, um den Lenkrad in dem Gebüsch zu finden und seitdem ist es in seinem Jeep eingebaut.

“Ich muss jetzt immer lachen, wenn ich mich an solche Geschichten erinnere, aber von solchen Stories gab sehr viele. Als ich mit der Restaurierung von Willys angefangen habe, war ich ledig. Daher sind alle meine Finanzen direkt in die Restaurierungsarbeiten geflossen. Aber jetzt, wo ich eine Familie habe, ist ein bisschen schwerer die nötigen Mittel für mein Hobby auf die Seite zu legen. Zumal ich immer noch soweit wie möglich (die Reifen sind vom Originalhersteller, aber aus aktueller Produktion) , auf Originalteile zurückgreife. Zu diesem Modell gehören auch eine seitlich am Fahrzeug angebrachte Axt und eine Schaufel. Diese wurden mir aber geklaut. Eines Tages habe ich einen alten Mann, der auf der Bushaltestelle stand und auf mein Auto mit viel Liebe ansah, einfach mitgenommen. Vor dem Aussteigen hat er mich gebeten noch 2-3 Minuten zu warten. Er verschwand in seinem Haus und kam einige Minuten später mit einer Originalaxt zurück. Er hatte im 2. Weltkrieg an diesen Willys gearbeitet und diese Axt aus Liebe zu den Willy als Erinnerungsstück behalten. Er hat mir diese Axt geschenkt”, erzählt Merab mit vollen Emotionen.

Anschließend hat er mich in die Garage gebracht und mir seinen Jeep Willys sowie die zum planmäßigen Check vorläufig zerlegte Harley WLA 42 gezeigt. Es war am Anfang ein ziviles Motorrad, aber zum 2. Weltkrieg wurde es zu Militärzwecken im Werk umgebaut. Es war ein Geschenk von einen Bekannten, dessen Großvater die Harley aus dem Krieg nach Hause mitgenommen hatte. Es lag Jahrzehnte lang, bis zu Tod des Besitzers, unter einem Schrank im Keller begraben. Dank seines leidenschaftlichen Interesses an Oldtimern bzw. Militärtechnik, hat Merab es geschenkt bekommen. Aber nur unter der Bedingung, dass er symbolisch in einem Restaurant ein Abendessen für drei Personen übernimmt.

Stilgerechte Kleidung

Merab und seine Freunde nehmen regelmäßig an inszenierten Veranstaltung mit Uniformen Teil.

Für deutsche Augen vielleicht befremdlich, aber in Georgien gehört das Tragen von zu den Fahrzeugen passender Kleidung zur Gesamtinszenierung.

Der amerikanische Jeep wird von ihm in der GI Uniform vorgestellt. Ein Mercedes-Benz von einem Fahrer in der Wehrmachtuniform, die sowjetische GAZ, logischer Weise in der Sowjetischen Militär-Bekleidung. Es wird großer Wert auf zeitgenössische Bekleidung gelegt. Je nach Herstellungsland und des Baujahrs des betreffenden Fahrzeugs, werden auch die begleitenden Damen entsprechend angezogen, damit sie die passende Stimmung mitbringen. Giorgi und Merab können sich gut vorstellen, dass Georgien für alle Autoliebhaber einen touristischen Schauplatz bieten kann.

Die Beiden bereiten sich bereits jetzt zusammen mit “Retro”-Klub intensiv auf die bevorstehende Rally im September vor und sind sich sicher, dass sie selber aber auch das Land den Test mit Bravour bestehen.

Wenn Sie Interesse an einer Oldtimer Reise durch Georgien haben, senden Sie uns eine eMail an „web ät burneroo.de“ oder registrieren Sie sich hier.



Kommentare

Orth 14. Juli 2019 um 15:50

In Wehrmachtuniform posieren, aber sonst geht’s gut? Wie kann man so plemplem sein?

Antworten

Harry Hermann 15. Juli 2019 um 20:10

Hallo Herr Orth,

vielen Dank für Ihren Kommentar. In der Tat wirkt das Posieren in Uniformen für uns etwas merkwürdig. Die Oldtimer Freunde in Georgien sind aber keine Militärfanatiker. Sie legen viel Wert auf eine stilgerechte Inszenierung bei ihren Treffen. Aufgrund der im Beitrag geschilderten Geschichte, sind die meisten Oldtimer aber Militärfahrzeuge. In weiteren Beiträgen werden wir aber auch mehr zivile Fahrzeuge zeigen.

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